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Interview mit Prof. Dr. Burkhard Weisser

„Der wichtigste Punkt ist, dass […] die Reduktion der Tablettenzahl, nicht nur die Compliance verbessert, sondern tatsächlich die Zahl der Herz-Kreislauf-Ereignisse […] und sogar die Mortalität reduziert.“

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Frage : Ende letzten Jahres hat Professor Yusuf im Lancet einen Kommentar verfasst und gesagt: „Es ist an der Zeit, die Poly Pill (in Deutschland Single Pill) breit einzusetzen, um jedes Jahr Millionen von Leben zu retten.“ Stimmen Sie dem zu?

Interview mit Prof. Dr. Burkhard Weisser

© Burkhard Weisser

Weisser: Dem stimme ich absolut zu. Im Symposium haben wir das gerade diskutiert: Verhaltensänderung sind bei Ärztinnen und Ärzten genauso schwierig wie bei unseren Patientinnen und Patienten. Aber wir müssen ganz hart daran arbeiten.

Frage: Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Punkte, die bei Ihren Kolleginnen und Kollegen ankommen müssen, damit diese Trägheit überwunden wird?

Weisser: Der wichtigste Punkt ist, dass – egal welche Substanzen man einsetzt – die Kombination in einer Tablette, also die Reduktion der Tablettenzahl, nicht nur die Compliance verbessert, sondern tatsächlich die Zahl der Herz-Kreislauf-Ereignisse, wie Schlaganfall, Herzinfarkt, und sogar die Mortalität reduziert. Daraus abgeleitet ist die Angst vor einem Regress unbegründet. Tatsächlich gibt es immer wieder diese Drohkulisse. Letztlich ist aber bei guter Dokumentation, beispielsweise einer Non-Compliance, noch niemand wegen einer Single-Pill-Therapie, also der Zusammenfassung von mehreren Substanzen in einer Tablette, in Regress genommen worden.

Frage: Wie weit ist das Konzept der Single Pill-Therapie bei den Kolleginnen und Kollegen im niedergelassenen Bereich angekommen und auch bekannt, dass man trotzdem – was letztlich kein Gegensatz ist – eine individualisierte Therapie durchführen kann?

Weisser: Es gibt ja die Begriffe Poly Pill, Single Pill und Fixkombination, wobei der Begriff Fixkombination die Assoziation hervorrufen kann, dass es eine fixe Kombination für alle ist. Bei den heutigen Kombinationen ist es aber so, dass man neben den verschiedenen Substanzen auch die Dosierung variieren kann und man natürlich zu der Zweifach- oder Dreifachkombination auch noch weitere Substanzen hinzugeben kann. Das ist der erste Punkt. Der Zweite ist, dass im Grunde das Wichtigste in der Hypertonie-Therapie ist, dass die Substanzen genommen werden und es nicht so entscheidend ist, ob man Candesartan oder Valsartan gibt. Das Allerwichtigste ist also die Einnahme, danach kommt erst welche Tablette und welche Dosierung. Im Angesicht der breiten Evidenz sowohl retrospektiver als auch prospektiver Daten ist es durchaus eine begründbare Strategie, Patientinnen und Patienten mit loser Kombination grundsätzlich auf eine entsprechende substanz- und dosisgleiche Single Pill einzustellen.

Quelle: Das Interview wurde geführt bei der 89. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V. (DGK) vom 12. - 15. April 2023 in Mannheim.
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