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Hochspezifische Therapien

Hämatologe schlägt spezielles Studiendesign für kleine Populationen vor

Professor Bernhard Wörmann, medizinischer Leiter der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie, spricht im Interview über neue Wege zur Evidenzgenerierung.

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Bernhard Wörmann, medizinischer Leiter der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie

Bernhard Wörmann, medizinischer Leiter der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie

© privat

Herr Wörmann, ein Trend in der Onkologie läuft darauf hinaus, hochspezifische Therapien für sehr kleine Patientenpopulationen mit hohem medizinischen Bedarf zu entwickeln, sodass RCT in bestimmten Fällen nicht oder in nicht angemessenen Rahmen durchgeführt werden können. Auf welche Evidenz für die Wirksamkeit solcher Therapien stützen sich Ärzte dann?

Die Entwicklung von Arzneimitteln für kleine Patientenpopulationen ist eine besondere Herausforderung. Wirksamkeit und Sicherheit neuer Arzneimittel können in Phase I/II-Studien erfasst werden. Das reicht aber nicht. Die kritische Frage in der Versorgung ist, ob das neue Arzneimittel besser als der bisherige Therapiestandard ist. „Besser“ kann eine höhere Heilungsrate, eine längere krankheitsfreie oder progressionsfreie Überlebenszeit, Symptomlinderung, weniger Nebenwirkungen und/oder vor allem auch höhere Lebensqualität bedeuten.

Ich sehe einen dritten Weg zwischen „RCT auf jeden Fall“ und „RCT nicht machbar“. Wir sollten gemeinsam diskutieren, ob und wie wir die Evidenzkriterien in randomisierten Studien mit kleinen Patientenpopulationen anpassen können. Konkret geht es um die Frage, ob wir bei seltenen Erkrankungen adaptive Studienkonzepte und eine etwas größere Unsicherheit mit Heraufsetzung der p-Werte akzeptieren. Dann könnten wir aussagekräftige, randomisierte Studien auch mit kleinen Patientenzahlen durchführen.

Erlaubt eine molekulargenetische Diagnostik und eine danach stratifizierte Therapie für solch kleine Patientengruppen eine befriedigende Prognose hinsichtlich der Wirksamkeit?

Die Antwort ist „jein“. Ja, weil die molekulargenetische Diagnostik bei vielen Indikationen eine präzise Therapiesteuerung ermöglicht. Nein, weil das nicht für alle molekulargenetischen Aberrationen zutrifft. Ein Beispiel: Bei Nachweis einer BRAF V600E-Mutation erzielen BRAF-Inhibitoren bei Patientinnen und Patienten (Pat.) mit einer Haarzell-Leukämie Remissionsraten von 90 Prozent, beim metastasierten Melanom von 50 und beim metastasierten Darmkrebs nur von 10 Prozent. Diese Erfahrungen sind einer der Gründe, warum sich die sogenannten tumoragnostischen, also indikationsübergreifenden Indikationen nicht breitflächig durchgesetzt haben. Die Präzisionsonkologie muss uns in den nächsten Jahren zusätzliche Informationen an die Hand geben, um solche Unterschiede besser zu verstehen und in Therapiestrategien umzusetzen.

Sehen Sie das Risiko, dass der Gemeinsame Bundesausschuss bei solchen Konstellationen und nicht verfügbarer RCT künftig häufiger zu dem Ergebnis kommt: keine geeigneten Daten, keine Evidenz, kein Zusatznutzen?

Das Risiko sehe ich, und zwar sowohl beim Gemeinsamen Bundesausschuss als auch bei dem ab 2025 für die Krebsmedikamente gültigen Joint Clinical Assessment auf der EU Ebene. Trotzdem ist das Thema nicht neu: Ein pharmazeutischer Unternehmer sollte bei der Entwicklung eines neuen Arzneimittels nicht nur die Zulassung, sondern auch die Nutzenbewertung im Auge haben. Deshalb haben die frühen Beratungen eine so wichtige Rolle. Dieses Instrument der Joint Scientific Consultation auf der EU Ebene muss schleunigst konsentiert und eingerichtet werden.

Sollte deshalb der Expertise der Fachgesellschaften bei der Nutzenbewertung ein höheres Gewicht zugemessen werden?

In Deutschland wurden die Fachgesellschaften in den letzten 10 Jahren zunehmend in den Prozess der Nutzenbewertung integriert, sowohl in die frühe Beratung als auch in die Kommentierung der Dossiers. Trotzdem gibt es immer wieder schmerzhafte und folgenreiche Informationslücken. Sinnvoll ist ein Sitz für die Fachgesellschaften im G-BA, ähnlich wie er für Patienten eingerichtet wurde.

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› Bericht: Helmut Laschet

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