Indikationen, Abrechnung, Dokumentation, Regress
45 Fragen und 45 Antworten rund ums Impfen
Zum Thema Impfen gibt es viele Fragen. Auf 45 davon gibt es hier Antworten. Dabei geht es um nicht nur um Impf-Indikationen etwa zur Zoster- oder Meningokokken-Impfung, die idealen Impfzeitpunkte oder wann Schwangere wogegen geimpft werden sollen. Auch rechtliche Fragen etwa zu Abrechnung, Dokumentation oder Regress werden behandelt. Eine Reihe von Fragen dreht sich zudem ums Thema Immunsuppression. Basis ist eine Telefonaktion der Ärzte Zeitung in Kooperation mit dem Forum Impfen. Ein Klick auf die Frage öffnet die Antwort.
Veröffentlicht:Wenn alle Symptome abgeklungen sind und der Patient beschwerdefrei ist, kann nach STIKO-Empfehlung die Impfung erfolgen.
Die Rezidivrate ist höher als die Rate an Neuerkrankungen. Wer einmal einen Zoster hatte, trägt ein erhöhtes Risiko, erneut an Zoster zu erkranken im Vergleich zu Menschen, die nie daran erkrankt waren. Deshalb ist es sinnvoll zu impfen. Auch bei Patienten mit Zoster-Anamnese erfolgt die Impfung zu Lasten der GKV.
Ja, seit 2020 ist die Regelung zum fachgebundenen Impfen aufgehoben. Insofern ist es wünschenswert, dass Gynäkologen, Pädiater und andere Fachgruppen ihr Impfspektrum auf andere Familienmitglieder ausweiten. Ganz entscheidend ist aber, dann auch zum Beispiel den Vater einer Patientin als ganzen Menschen mit seiner gesamten Anamnese wahrzunehmen und den kompletten Impfstatus zu prüfen.
Wenn man zu früh impft, geht die Antikörperbildung der Mutter auch früh wieder zurück. Daher ist die Pertussis-Impfung im 1. Trimenon ohnehin nicht sinnvoll und auch im 2. Trimenon sicher nicht so effektiv wie im 3. Trimenon. Solange nicht erhebliche Risikofaktoren für eine Frühgeburt vorliegen, sollte stets im 3. Trimenon geimpft werden, um die maximale Schutzwirkung zu erreichen.
Jede Impfung zählt. Daher reicht eine Impfung.
Ja, die wird klar empfohlen, je nach Immunsuppression wird auch die fünfte COVID- Impfung empfohlen. Genauere Angaben finden sich in einer Tabelle im Epidemiologischen Bulletin 7/2022 des RKI.
Ja, eine Influenza-Impfung ist allen Schwangeren ab dem 2. Trimenon und bei erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Gesundheitsleidens bereits ab dem 1. Trimenon empfohlen.
Prinzipiell darf bei Gefahr von Frühgeburt oder anderen Komplikationen auch im 1. Trimenon gegen Influenza geimpft werden. Das 1. Trimenon ist die Zeit der Organbildung und -reifung. Auch wenn es kaum ein Risiko gibt, dass die Impfung in diese Prozesse eingreift, sollte berücksichtigt werden, dass die meisten Aborte im 1. Trimenon stattfinden. Wir sollten deshalb vermeiden, dass bei einem solchen Ereignis seitens der Mutter und der Familie eine Assoziation zwischen Abort und Impfung hergestellt wird, so ungerechtfertigt sie auch sein mag. Das könnte lebenslange Schuldgefühle auslösen.
Auch innerdeutsche Reisen in FSME-Risikogebiete bedeuten, dass es sich hierbei um eine Reiseimpfung handelt. Die meisten gesetzlichen Kassen erstatten inzwischen Reiseimpfungen.
Die Hepatitis-A-Impfung wirkt schneller, als sich die Erkrankung manifestieren kann. Selbst am Abreisetag ist diese Impfung noch sinnvoll. Abrechnungstechnisch ist das irrelevant.
Eine einmal begonnene Grundimmunisierung kann zu jeder Zeit fortgesetzt werden und es muss keine erneute Grundimmunisierung erfolgen. Auch wenn eine Auffrischimpfung erst Jahre nach dem empfohlenen Impfzeitpunkt verabreicht wird, bietet sie je nach Lebensalter wieder 3 bis 5 Jahre Schutz.
Der Impfschutz ist langanhaltend. Das RKI sagt hierzu: Ob immunkompetente Personen nach erfolgter Grundimmunisierung mit 2 Impf-Dosen im Abstand von mind. 6 Monaten für einen dauerhaften Impfschutz eine Auffrischimpfung benötigen, sei nicht abschließend geklärt. Studien weisen darauf hin, dass keine weitere Impfung notwendig ist, da ein Großteil der Geimpften (mind. 90-99%), je nach verwendetem Impfstoff, zwischen 25 und 40 Jahren immun bleiben
Ja, auch gegen Varizellen geimpfte Kinder können einen Herpes zoster entwickeln, allerdings deutlich seltener und meist mit einem milden Verlauf.
Es handelt sich um eine Indikationsimpfung, für die die STIKO bestimmte Personenkreise auflistet, darunter Beschäftigte mit Abwasserkontakt, Küchen- und Reinigungskräfte oder medizinisches Personal. Idealerweise stellt der Betriebsarzt die Indikation und nimmt die Impfung vor, das ist abrechnungstechnisch unproblematisch. Hat das Unternehmen keinen Betriebsarzt oder die Person wünscht aus anderen Gründen die Impfung beim Hausarzt, sollte dies als individuelle Gesundheitsleistung erbracht werden. Diese Rechnung kann der Patient dann beim Arbeitgeber einreichen.
Das ist richtig. Aber für die Auffrischung reicht die Antigen-Menge. Eigentlich muss die Impfung gegen Hepatitis A aber gar nicht aufgefrischt werden: Wer vollständig gegen Hepatitis A geimpft worden ist, gilt für mindestens 25 bis vielleicht 40 Jahre als geschützt. Wenn aber gegen Hepatitis B aufgefrischt werden soll und die Hepatitis-A-Impfung ist schon lange her und der Patient wünscht dies explizit, spricht nichts gegen den Kombi-Impfstoff.
Ja, es dürfen sehr viele Impfstoffe zeitgleich verabreicht werden. Dafür gibt es Studiendaten und das ist in den Packungsbeilagen formuliert. Es ist im Hinblick auf das Terminmanagement im Sinne der Patienten, wenn zwei, drei oder auch vier ausstehende Impfungen zeitgleich gegeben werden. Auch eine Influenza-Impfung kann simultan mit einer COVID-(Booster-)Impfung verabreicht werden. Die Injektion soll jeweils an unterschiedlichen Gliedmaßen erfolgen.
Zu dokumentieren ist das individuell erhöhte Hepatitis-Risiko. Detailliertere Informationen gehen die Krankenkasse nichts an. Ich würde auf die STIKO-Empfehlungen verweisen.
Ja, diese Empfehlung besteht ganz klar, und zwar unabhängig vom Alter.
Ja, das ist kein Problem. Es kann jederzeit damit geimpft werden. Wichtig ist daran zu denken, dass die schwangere Frau unabhängig von ihrem aktuellen Impfstatus die Tdap-Impfung zum Ende des 2. Trimenons erhält und dass das Umfeld laut Impfpass ebenfalls den Impfschutz aufweist.
Bei zeitlich begrenzter immunsuppressiver Therapie ist das möglich, vorausgesetzt, die Impfindikation ist gegeben. Die Grenze liegt bei 20 mg/d Prednisolon für einen Zeitraum von unter drei Wochen.
Ja. Auch wenn sie bereits Geschlechtsverkehr und damit Kontakt zu einigen HPV-Subtypen hatte, heißt das nicht, dass sie nicht noch für andere HPV-Subtypen empfänglich wäre. CAVE: Für Volljährige ist die HPV-Impfung keine Kassenleistung. Hier muss die Patientin eine mögliche Kostenübernahme mit ihrer Krankenkasse klären.
Die erste Auffrischimpfung sollte bei der Anwendung des konventionellen Impfschemas nach drei Jahren erfolgen. Je nach Lebensalter und verwendetem Impfstoff (siehe Fachinformationen) sollten die weiteren Auffrischimpfungen nach 3 oder 5 Jahren erfolgen. Erfolgte die Grundimmunisierung nach dem Schnellimmunisierungsschema ist die erste Auffrischimpfung bereits nach 12 bis 18 Monaten empfohlen.
Bei allen Krebspatienten mit Immunsuppression sollte vor Therapiebeginn der klinische Impfstatus überprüft werden. Wenn möglich, sollten Impflücken vor Therapiestart noch geschlossen werden. Das betrifft oft Tetanus/Diphtherie, Impfungen gegen respiratorische Infektionen. Die immunologische Reaktion auf eine Impfung fällt während der onkologischen Therapie vergleichsweise deutlich schlechter aus. Fehlende Grundimmunisierungen können gegebenenfalls begonnen werden oder sollten im Therapieintervall so schnell wie möglich nachgeholt werden. Lebendimpfungen sind unter einer immunsupprimierenden Therapie grundsätzlich kontraindiziert.
Es ist nicht sinnvoll, den Antikörpertiter von immungesunden Personen nach COVID-Impfung zu bestimmen. Es gibt kein Korrelate für Schutz.
Splenektomierte Patienten brauchen einen besonders guten Impfschutz gegen bekapselte Erreger (Meningokokken, Pneumokokken, Hib). Meningokokkenschutz gegen Serogruppe B und ACWY sind indiziert. Meningokokken ACWY: 2 Impfstoffdosen MenACWY im Abstand von 4 bis 8 Wochen (Alter =6 Wochen bis <12 Monate: 1. Auffrischimpfung im Alter von 12 Monaten).
Alle anderen Altersgruppen: Auffrischimpfungen alle 5 Jahre erwägen. Meningokokken-B-Immunisierung gemäß jeweiliger Fachinformation. 1. Auffrischimpfung gemäß jeweiliger FI; spätere Auffrischimpfung en nach jeweils 5 Jahren erwägen.
Ja, sie kann geimpft werden. Die Effektivität ist allerdings reduziert. Manche Rheumatologen reduzieren vorübergehend die Dosis der Medikation, um die Wirksamkeit der Impfung zu erhöhen, soweit das medizinisch möglich ist. Methotrexat müsste für mindestens drei Wochen dosisreduziert werden, monoklonale Antikörper müssten in Abhängigkeit vom Wirkstoff für längere Zeit reduziert werden.
Nein, die beiden Krankheiten haben nichts miteinander zu tun, weil sie durch unterschiedliche Herpes-Viren ausgelöst werden (Herpes-Simplex-Virus, Varicella-Zoster-Virus).
Ab 60 Jahre ist die Nebenwirkungsrate erhöht, deshalb müssen Nutzen und potenzielles Risiko gegeneinander abgewogen werden. Es sollte geklärt werden, ob immunkompromittierende Erkrankungen vorliegen und ob mehrere Reisen in Gelbfieber-Endemiegebiete geplant sind. Eine strenge Kontraindikation gegen die Impfung besteht nicht, Nebenwirkungen sind sehr selten, aber es gibt sie. Alternativ könnte ein Exemption Certificate ausgestellt werden, um die Einreise in das jeweilige Land zu ermöglichen, zum Beispiel mit dem Hinweis auf das Alter und/oder die Immunkompression.
Sinnvoll ist das, aber kein Muss. Erfahrungsgemäß verändert sich das körperliche Empfinden im Alter zwischen 16 und 18 Jahren, was die Impfakzeptanz teils schwieriger macht. Idealerweise sollte die Impfung vor dem 15. Lebensjahr erfolgen.
Männer sind Verteiler des HP-Virus und können selbst an Kondylomen bis hin zum Peniskarzinom erkranken. Deshalb gibt es inzwischen auch für Jungen die Empfehlung für die möglichst zeitige HPV-Impfung.
Ja, es hat wohl in Australien einige Erkrankungen gegeben. Das reicht aber sicher nicht für eine generelle Impfempfehlung. Ursprünglich sind Schweine die Wirte des Erregers der Japanischen Enzephalitis, die Übertragung erfolgt über Mücken. Schweinehaltung hat in Australien nicht die Bedeutung wie etwa in Europa oder Asien. Insgesamt ist das Erkrankungsrisiko sehr gering. Selbst für Hochrisikogebiete wie Südostasien empfehlen wir nur bei sehr hoher individueller Gefährdung oder ab einer Mindestaufenthaltsdauer von vier Wochen die Impfung gegen Japanische Enzephalitis.
Laut der STIKO-Empfehlungen wird ab 18 Jahren einmalig gegen Pertussis geimpft (mit Tdap), danach nicht mehr. Es gibt aber eine Reihe von Ausnahmeregelungen, die die Pertussis-Impfung als Indikationsimpfung rechtfertigt, zum Beispiel für enge Kontaktpersonen schwangerer Frauen. Es gibt ein individuelles Risiko, gerade bei hochbetagten Menschen sowie bei Kleinkindern in der Familie im Sinne einer Cocooning-Strategie.
Die Sächsische Impfkommission empfiehlt die Auffrischung alle 10 Jahre. Auch wenn die STIKO sich dazu nicht eindeutig positioniert hat, kann die dreifache Auffrischungsimpfung alle 10 Jahre angeboten werden, das geben die Regelungen durchaus her, zumal der Pertussis-Impfstoff nur in dieser Dreierkombination mit Tetanus und Diphtherie verabreicht werden kann. Das Regressrisiko ist als sehr gering zu bewerten.
Aus der Dokumentation sollte hervorgehen, dass man ausführlich über die Erkrankung und die möglichen Folgen, bei potenziell tödlichen Erkrankungen bis hin zum möglichen Tod, aufgeklärt hat. Weiterhin sollte in der Akte eine Dauerdiagnose kodiert werden (Z-Diagnose: Impfung abgelehnt). Wer ganz sichergehen möchte, kann sich die Ablehnung auch von den Eltern unterschreiben lassen, zum Beispiel auf einem Impfaufklärungsbogen mit dem Feld „Ich willige nicht in die Impfung ein“ – dazu sind die Eltern aber nicht verpflichtet.
Eher nein. Gegen Polio wird die Grundimmunisierung plus eine Auffrischung empfohlen. Danach ist diese Impfung nur noch als Indikations- oder Reiseimpfung empfohlen, nicht jedoch routinemäßig bei jeder Tetanus/Diphtherie- und ggf. Pertussis-Auffrischung alle 10 Jahre.
In Europa stellt Polio derzeit kein Problem dar. In der Ukraine gibt es Wildvirus-Poliomyelitis, es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass sich im Zusammenhang mit der Flüchtlingsproblematik die Situation in Deutschland ändern könnte. Derzeit ist aber die Indikation zu Polio-Auffrischung eher streng zu stellen.
Nach den Angaben der Fachinformationen der beiden Hersteller ist je nach Impfstoff eine Auffrischimpfung nach 2 bis 5 Jahren bzw. nach einem Jahr und dann alle 5 Jahre empfohlen. Die DTG empfiehlt nach abgeschlossener Grundimmunisierung für Reisende keine weiteren Auffrischimpfungen.
Zwischen mRNA- oder Vektor-basierten COVID-19-Impfungen und der Verabreichung anderer Totimpfstoffe muss kein Impfabstand eingehalten werden. Sie können auch zeitgleich gegeben werden. Zu Impfungen mit Lebendimpfstoffen soll hingegen ein Mindestabstand von 14 Tagen vor und nach jeder COVID-19-Impfung eingehalten werden.
Als Reiseimpfung handelt es sich um keine Leistung der GKV. Grundsätzlich ist das eine Selbstzahlerleistung, die bei der Krankenkasse eingereicht werden kann. Die meisten gesetzlichen Kassen erstatten aber inzwischen auch Reiseimpfungen. Tatsache ist, dass in ganz Deutschland FSME-Einzelfälle auftreten. Wenn die Person in einem Zecken-Risikogebiet wohnt, rechtfertigt das die Impfung, ohne dass dies als Reiseimpfung deklariert werden muss.
Eine zusätzliche Impfdosis, entweder parallel zur ersten Dosis, oder 4 Wochen nach der ersten Dosis kann die Impfantwort bei immunsupprimierten verbessern (off-label).
Prädialyse: Die Immunfunktion ist bei Niereninsuffizienz abhängig von den Stadien. Ab einer GFR<44 ml/min/1,73qm KOF ist mit einer eingeschränkten Funktion zu rechnen, so wird empfohlen mit erhöhter Antigenkonzentration bzw. adjuvantierten Impfstoffen zu impfen - mit anschließenden serologischen Kontrollen. Bei Dialysepatienten wird ohnehin in regelmäßigen Abständen der Anti-Hbs-Titer überprüft.
Aufgrund von internationalen Studienergebnissen kann man davon ausgehen, dass nach erfolgreicher Hepatitis-B-Grundimmunisierung im Erwachsenenalter im Allgemeinen keine weiteren Auffrischimpfungen notwendig sind.
Eine Auffrischimpfung ist notwendig, wenn ein neu aufgetretenes Hepatitis B-Risiko zum Tragen kommt:
- Personen, bei denen wegen einer vorbestehenden oder zu erwartenden Immundefizienz bzw. Immunsuppression oder wegen einer vorbestehenden Erkrankung ein schwerer Verlauf einer Hepatitis-B-Erkrankung zu erwarten ist, z. B. HIV-Positive, Hepatitis-C-Positive, Dialysepatienten.
- Personen mit einem erhöhten nichtberuflichen Expositionsrisiko, z. B. Kontakt zu HBsAg-Trägern in Familie/Wohngemeinschaft, Sexualverhalten mit hohem Infektionsrisiko, i. v. Drogenkonsumenten, Gefängnisinsassen, ggf. Patienten psychiatrischer Einrichtungen.
- Personen mit einem erhöhten beruflichen Expositionsrisiko, z. B. expositionsgefährdetes Personal in medizinischen Einrichtungen (einschließlich Auszubildender, Labor- und Reinigungspersonal), Ersthelfer, Polizisten, Personal von Einrichtungen, in denen eine erhöhte Prävalenz von Hepatitis-B-Infizierten zu erwarten ist (z. B. Gefängnisse, Asylbewerberheime, Behinderteneinrichtungen).
- Personen mit einer Reiseindikation. Hier ist eine individuelle Gefährdungsbeurteilung erforderlich.
Die Telefonaktion erfolgte mit freundlicher Unterstützung durch GSK.