75 Jahre Nürnberger Kodex
Ärztekammer Berlin warnt vor Missbrauch des ethischen Manifests Nürnberger Kodex
Am 20. August jährt sich die Festschreibung der medizinethischen Grundsätze zum 75. Mal. Der Berliner Ärztekammer-Präsident Peter Bobbert kritisiert, dass sich Impfgegner auf den Kodex berufen.
Veröffentlicht:Berlin. Zum 75. Jahrestag des Nürnberger Kodex am Samstag, 20. August, erinnert die Ärztekammer Berlin an das ethische Manifest, das bis heute Einfluss auf das ärztliche Handeln hat. Der Kodex entstand vor 75 Jahren im Laufe der ersten Nürnberger Ärzteprozesse. In den Jahren 1946/47 waren hochrangige Mediziner und Gesundheitsbeamte wegen Euthanasie und Menschenversuchen während der Zeit des Nationalsozialismus angeklagt.
In dem Manifest sind zehn medizinethische Grundsätze niedergelegt, die unter anderem Einfluss auf die 1964 verabschiedete „Deklaration von Helsinki“ hatten und bis heute in den medizinischen Grundsätzen für die medizinische Forschung nachwirken. Erstes und wesentliches Prinzip sei die „freiwillige Zustimmung der Versuchsperson“, die informiert und in der Lage sein müsse, eine freie Entscheidung zu treffen, so die Kammer in einer aktuellen Mitteilung.
Erinnerungen an die Nazi-Gräueltaten
„Genau dies war bei den klinischen Studien zu den Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 der Fall“, erklärt Ärztekammer-Präsident Dr. Peter Bobbert. Er kritisiert, dass sich dennoch einige Gegnerinnen und Gegner der Corona-Impfungen auf den Kodex bezögen. Sie betrachteten die Impfungen als Verstoß gegen die ethischen Grundregeln und vermuteten ein großes Experiment an der Bevölkerung. „Die Corona-Impfungen verstoßen nicht gegen den Nürnberger Kodex”, betont Bobbert. „Die Impfstoffe wurden gründlich getestet, zunächst an Tieren, wie es auch der Kodex vorsieht, danach an – freiwilligen – Testpersonen. Von einem Massenexperiment bei den Corona-Impfungen zu sprechen, ist daher völlig unzutreffend.“
„Die Gräuel des Nationalsozialismus dürfen nicht vergessen werden“, erklärt Bobbert. „Gerade deshalb sind wir verpflichtet, einer missbräuchlichen Interpretation des Nürnberger Kodex, der bis heute auf die Grundlagen des ärztlichen Handelns Einfluss hat, entgegenzuwirken.“ (kaha)