Krankenhausreformanpassungsgesetz
Anhörung im Bundestag: Massive Änderungswünsche von Ärzteorganisationen, Kassen und Kommunen
Die Krankenhausreform der „Ampel“ soll gängig gemacht werden. Dazu soll ein Anpassungsgesetz dienen. Doch auch das stößt auf zum Teil harsche Kritik bei Ärzten und Kostenträgern. Auch die Kommunen senken den Daumen.
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Der Gesundheitsausschuss des Bundestags hört am Mittwochnachmittag Verbände und Organisationen zum Krankenhausreformanpassungs-Gesetz (KHAG) an. Die Kritik fiel vielstimmig aus.
© Michael Bihlmayer / CHROMORANGE / picture alliance
Berlin. Mit dem Krankenhausreformanpassungsgesetz (KHAG) will die schwarz-rote Koalition das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) der „Ampel“-Koalition“ weiterentwickeln und praxisnaher gestalten. Im Blick haben Union und SPD dabei vor allem die Finanzierung des Transformationsfonds, mögliche Ausnahmen für die Zuweisung von Leistungsgruppen und deren Qualitätskriterien.
„Das Gesetz stellt die Umsetzung der Krankenhausreform sicher“, heißt es eingangs des Entwurfs. Am Mittwochabend hört der Gesundheitsausschuss des Bundestags mehr als 30 Organisationen des Gesundheitswesens dazu an. Die Ärzte Zeitung hat zentrale Aussagen aus den Stellungnahmen von Ärzteorganisationen, Krankenkassen sowie Städten und Landkreisen zusammengetragen.
Arztnahe Verbände und Fachgesellschaften
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung mahnt in ihrer Stellungnahme zum „Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Krankenhausreform“ an, die Vertragsärzte am Leistungsgruppenausschuss zu beteiligen. Dies sei folgerichtig, da die Geschäftsstelle des Leistungsgruppenausschusses beim Gemeinsamen Bundesausschuss angesiedelt sei.
KBV und KZBV wiederum zählten beide zu den Trägerorganisationen des G-BA. Zudem seien die Vertragsärzte auch durch die „mannigfaltige Verzahnung stationärer und vertragsärztlicher Behandlung“ betroffen.
Die KBV mahnt zudem an, die Mittel aus dem Krankenhaustransformationsfonds ausschließlich auf die stationären Strukturen zu konzentrieren. Fondsgeld auch für den Aufbau ambulanter Strukturen einzusetzen, lehne die KBV ab: Eine Beschwerde bei der Europäischen Kommission in diesem Zusammenhang will die Vertretung der Vertragsärzte aufrechterhalten. Grund: Auch der ambulante Sektor stehe vor großen Herausforderungen, zu deren Bewältigung Investitionen in seine Infrastruktur notwendig seien. Nötig sei ein Praxiszukunftsgesetz.
Krankenhausreformanpassungs-Gesetz
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Für eine Reform der belegärztlichen Versorgung setzt sich der Spitzenverband Fachärztinnen und Fachärzte (SpiFa) in seiner Stellungnahme zum KHAG ein. Im Zuge der Reform der Krankenhausstrukturen und Krankenhausvergütung bedürfe es flankierend einer Stärkung und Flexibilisierung des Belegarztwesens als „Element der intersektoralen ärztlichen Versorgung“, mahnt der Verband mit Blick auf die im Koalitionsvertrag von Union und SPD in Aussicht gestellte Reform der belegärztlichen Versorgung.
Dazu gehörten aus Sicht des SpiFa auch die Entbürokratisierung der belegärztlichen Zulassung und die Flexibilisierung der belegärztlichen Tätigkeit im Krankenhaus. Dazu gehöre auch eine einheitliche Vergütung für voll- und teilstationäre Leistungen.
Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) sieht keinen weiteren Bedarf an einer Konzentration pädiatrischer Leistungen. Es gebe landesweit nur noch 323 pädiatrische Standorte: Tendenz sinkend. Diese Standorte müssten mit ihren Spezialisierungen bewahrt und finanziell abgesichert werden. Eine spezialisierte Versorgung dürfe nicht Erwachsenen allein vorbehalten sein.
Es sei nicht ausgeschlossen, dass durch die Streichung der Leistungsgruppe „Spezielle Kinder- und Jugendmedizin“ Anreize gesetzt würden, Kinder und Jugendliche künftig nicht mehr von pädiatrischen Experten sondern von Erwachsenenmedizinern behandeln zu lassen. Das InEK solle daher dazu verpflichtet werden, bei der Zuordnung von Krankenhausfällen zu Abrechnungsgruppen das Alter der Patientinnen und Patienten zu berücksichtigen.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft findet wenig gute Worte für den Gesetzentwurf. Dir mit dm KHAG vorgesehene Verlängerung der erlösneutralen Einführungsphase um ein Jahr sei keine Lösung für die aktuellen Probleme der Krankenhäuser. Vielmehr sei die geplante Vorhaltevergütung nach dem Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz sofort auszusetzen. Eine Neuausrichtung werde durch weitere Einführungsschritte im Jahr 2026 zusätzlich erschwert.
Die vorgesehene Vorhaltevergütung mache das Vergütungssystem für alle Beteiligten noch komplexer, aufwändiger und nicht zuletzt strategieanfälliger, argumentiert die DKG. Da die Vergütung weiterhin fallabhängige Komponenten wie die „fallabhängige Vorhaltepauschale“ aufweise, werde der ökonomische Druck zur Steigerung der stationären Fallzahlen lediglich verlagert. Diese Form einer Vorhaltevergütung sei ungeeignet, die wirtschaftliche Situation bedarfsnotwendiger Krankenhäuser zu sichern.
Krankenkassen
Harsche Kritik an Nina Warkens Vorlage äußern unisono die Krankenkassen und ihre Verbände. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, warnt davor das KHAG dürfe nicht zu einem „Krankenhausreform-Aufweichungsgesetz“ werden.
Insbesondere das Herumschrauben an Qualitätsvorgaben sieht sie kritisch: „Aus diesem Grund lehnen wir die geplanten Regelungen zur Erfüllung der Qualitätskriterien in Kooperationen und Verbünden ab, denn sie drohen zum Einfallstor für das Unterlaufen der bundesweiten Vorgaben zu werden“, so Reimann.
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Entscheidungen über Förderungen aus dem Transformationsfonds oder Ausnahmen von Qualitätsstandards müssten unbedingt im Einvernehmen mit den Krankenkassen getroffen werden, fordert der BKK Dachverband. Ein anderes Petitum betrifft die Zuweisungen von Leistungsgruppen.
Die Betriebskrankenkassen fordern, die Möglichkeit von Ausnahmen sollten auf Leistungsgruppen beschränkt werden, die eine Grundversorgung der Bevölkerung sichern. „Leistungsgruppen, die gut planbare Fälle behandeln, ohne dass sie zeitkritisch sind, sollten hingegen davon ausgeschlossen werden“, so der BKK Dachverband.
Der IKK e.V. plädiert dafür, bei der Festlegung und Weiterentwicklung der Qualitätskriterien bei den Leistungsgruppen die Selbstverwaltung – und hier vor allem den Gemeinsamen Bundesausschuss – stärker einzubinden. „Dass diese nunmehr allein dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) sowie den Bundesländern vorbehalten sein soll, ist im Hinblick auf eine wirklich qualitätsorientierte Versorgung alles andere als sachdienlich“, moniert der IKK e.V.
Aufs Ganze gesehen sieht der Kassenverband im KHAG mehr „eine Finanz- denn eine Strukturreform zu Gunsten der Bundesländer und zu Lasten der Beitragszahlenden der GKV“.
Deutscher Städtetag und Deutscher Landkreistag
Der Landkreistag fordert mehr Beinfreiheit im Umgang mit Ausnahmemöglichkeiten bei der Zuweisung von Leistungsgruppen. Im Referentenentwurf sei dafür noch ein Zeitraum von maximal sechs Jahren vorgesehen gewesen – nun seien es nur noch drei Jahre.
Diese Verkürzung lehne man ab. „Ausnahmemöglichkeiten müssen im Sinne der Versorgungssicherheit in besonderen Fällen auch über den Zeitraum von drei Jahren hinaus möglich sein, insbesondere wenn die Abweichung von den Leistungsgruppenvoraussetzungen mit keinerlei Abstrichen in der Versorgungsqualität verbunden ist“, lautet die Forderung.
Ebenso auf der Agenda des Landkreistags steht die geplante Vorhaltevergütung. Bei der vorgesehenen fallzahlenabhängigen Ausgestaltung handele es sich um ein „grundsätzlich ungeeignetes Instrument“. Daran ändere auch die Fristverlängerung im KHAG-Entwurf nichts.
Die Kosten, die ein Haus habe, um die Ressourcen für die geforderte Leistungsgruppe vorzuhalten, „sollten zu einem erheblichen Anteil übernommen werden, unabhängig von den Fallzahlen. Dies würde dem Versorgungsauftrag verursachungsgerecht Rechnung tragen“, so der Landkreistag.
Der Deutsche Städtetag ergänzt, die budgetneutrale Phase sowie die Konvergenzphase der neuen Vorhaltevergütung müssten konsequent genutzt werden, „um die Wirkung der neuen Finanzierungsinstrumente zu evaluieren“. Wie der Bundesrat will auch der Städtetag die starre 2.000 Meter-Regelung aufbohren und auf 5.000 Meter ausweiten.
Bisher darf ein Standort aus mehreren Gebäuden eines Krankenhausträgers nur dann bestehen, solange wie die Gebäude nicht mehr als zwei Kilometer voneinander entfernt liegen. Diese starre Regelung erschwere notwendige Konzentrationen und Strukturveränderungen, lautet die Kritik. (fst/af)










