Nach kontroverser Debatte

Bundesrat lässt Gesetz zur Cannabis-Legalisierung passieren

Nach dem Bundestag hat auch der Bundesrat den Weg für eine Teillegalisierung von Cannabis freigemacht. Besitz und Anbau der Droge sind demnach ab 1. April für Volljährige unter Auflagen erlaubt.

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Cannabis-Gesetz: Am Freitag hat der Bundesrat das Vorhaben passieren lassen.

Cannabis-Gesetz und zwei Kontrahenten in der Sache: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und – im Vordergrund – Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU).

© Bernd von Jutrczenka / dpa

Berlin. Das Gesetz zur Cannabis-Teillegalisierung hat die Hürde Bundesrat genommen. In der Länderkammer fand sich am Freitag keine Mehrheit dafür, in der Causa den Vermittlungsausschuss anzurufen. Damit ist der Weg für das umstrittene Vorhaben der Ampelkoalition frei. Allerdings muss das Gesetz noch vom Bundespräsidenten unterzeichnet werden – dies dürfte aber Formsache sein.

Der Bundestag hatte dem Gesetz Ende Februar zugestimmt. Demnach sind künftig der Besitz von bis zu 25 Gramm und in den eigenen vier Wänden von bis zu 50 Gramm Cannabis erlaubt. Auch der Anbau von drei Cannabispflanzen in der eigenen Wohnung wird legal, wobei das dabei geerntete Cannabis nur für den Eigenverbrauch bestimmt sein und nicht weitergegeben werden darf.

Verbot gilt weiter für Minderjährige

Für Minderjährige bleiben Besitz und Konsum von Cannabis verboten. In ihrer Gegenwart dürfen auch Erwachsene kein Cannabis zu sich nehmen. Ein Konsumverbot besteht zudem in Sichtweite von Schulen und Kindertagesstätten sowie in Fußgängerzonen vor 20 Uhr. Ebenfalls verboten bleiben der An- und Verkauf von Cannabis. Wer jedoch nicht selbst Pflanzen anbauen möchte, kann dies in Anbauvereinigungen tun.

Bei der Frage, ob der Vermittlungsausschuss angerufen werden soll, enthielten sich zahlreiche Länder der Stimme – vor allem aus koalitionsinternen Gründen. Unionspolitiker übten teils scharfe Kritik.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) warnte: „Es wird das totale Chaos ausbrechen. Das darf nicht passieren.“ Mit dem Cannabis-Gesetz öffne sich die „Büchse der Pandora“. Er fürchte, dass die Zahl der schwer Drogenabhängigen weiter steige. „Alles hat mit einfachen Drogen begonnen.“

„Niederlage für den Kinder- und Jugendschutz“

Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach bedauerte, dass der Vermittlungsausschuss nicht einberufen worden sei. „Leider ist es nicht gelungen, die gefährlichen Cannabis-Pläne der Bundesregierung zu stoppen. Das ist vor allem eine bittere Niederlage für den Kinder- und Jugendschutz in Deutschland“, so die CSU-Politikerin. Auch Kinder- und Jugendärzte hatten zuletzt derartige Warnungen abgesetzt.

Gerlach warf Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vor, sich über die Bedenken von Ärztinnen, Ärzten und anderen Experten hinweggesetzt zu haben. „Das Cannabis-Gesetz ist heute nur aus Gründen der Parteiräson ohne Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat gekommen.“ Bayern werde das Gesetz „so streng und restriktiv wie möglich auslegen und vollziehen“.

Haseloff: Breite Koalition gegen das Gesetz

Sachsen-Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff (CDU) erklärte, die Legalisierung führe zur „Enttabuisierung“ psychoaktiver Stoffe und werde „am Ende Menschenleben kosten“. Die Ampel habe Gegenargumente einer „breiten Koalition“ aus Ärzte- und Lehrerschaft, Polizei und Justiz ignoriert.

Gerade die ersten Monate nach der Cannabis-Freigabe würden zu einem „Booster für den Schwarzmarkt“, so Haseloff. Brandenburgs Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU) warnte, eine Freigabe von Haschisch werde zu einem Anstieg bei Nachfrage und Konsum der Droge führen.

Ampel: Ende der wirkungslosen Verbotspolitik

Lauterbach hielt dagegen, ein Scheitern des Gesetzes wäre ein „großartiger Tag für die Dealer, für den Schwarzmarkt“. Die bisherige Verbotspolitik bei Cannabis sei gescheitert – die „Büchse der Pandora“ sei längst offen.

So habe sich der Cannabis-Konsum im Zeitraum 2011 bis 2021 bei Jugendlichen und auch bei jungen Erwachsenen verdoppelt. Ziel des Gesetzes sei es, den Schwarzmarkt zurückzudrängen, für den es derzeit „überhaupt keine wirkliche Abschottung“ gebe – „auch nicht für unsere Kinder“, so Lauterbach.

Aus der Grünen-Bundestagsfraktion hieß es, das Gesetz bedeute einen „Paradigmenwechsel“ in der Drogen- und Suchtpolitik. Die FDP-Politikerin Kristine Lütke forderte: „Es muss jetzt auch schnellstmöglich die zweite Säule des Gesetzes kommen, die die Grundlagen für den kommerziellen Anbau in regionalen Modellprojekten und den Verkauf von Cannabis in lizenzierten Geschäften schafft.“ (hom)

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Kommentare
Dr. Karlheinz Bayer 22.03.202420:11 Uhr

Wenn der Richterbund das Gesetz ablehnt mit der Begründung, daß jetzt beinahe 200.000 Verfahren auf die Gerichte zukommen, in denen die Vorwürfe wegen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz aufgehoben werden müssen, zeigt das zweierlei.

Zum einen können wir sehen, wie hart die Polizei gegen diese Menschen vorgegangen ist und sie überhaupt erst zu Kriminellen gemacht hat.
Zum anderen gibt uns diese Zahl einen Einblick darin, daß Cannabis längst in der Bevölkerung angekommen ist ... ohne auch nur einen annähernd ähnlichen Anteil an Verkehrsunfällen, Schlägereien oder Krankenhausaufenthalten zur Folge zu haben, wie das beim Alkoholtrinken der Fall ist.

Klar, es gibt viel zu regeln. So gibt es beim Alkohol die Promillegrenzen, an denen sich die Polizei orientiert, beim Cannabis diente allein schon die Existenz eines Joints in einem Auto als Grund für Polizeimaßnahmen.

Ich weiß nicht, ob Kollege Boxdorfer diese Umstände zum Anlaß nimmt, "Irre!" zu sagen.
Irre ist so ein Begriff. Ich empfinde es als "irrsinnig wichtig", daß sich der Bundesrat nach dem Bundestag und der Bundesreggierung für eine Befürwortung eines liberalisierten Cannabis-Konsums ausgesprochen hat.
Es ist so irre, daß ich der Überzeugung bin, daß der Irrsinn um Cannabis endlich aufhört.
Ganz selbstverständlich Cannabis aus kontrollierbarer Herkunft offen einnehmen zu dürfen, genauso wie wir ganz selbstverständlich Bier und Wein in aller Öffentlichkeit trinken, das ist der demokratische Weg aus der bisherigen Illegalität.

Und endlich können wir Ärztinnen und Ärzte auch über unsere Erfahrungen sprechen ohne uns strafbar zu machen.
Weg mit dem Schwarzmarkt!
Weg mit der doppelbödigen Moral!

Dr. Dr. Steffen Boxdorfer 22.03.202413:10 Uhr

Irre!

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