3. Preis Charity Award 2024
Herz-Kreislauf-Stillstand: Wie Menschen mit Hilfe einer App gerettet werden
Freiwillige, geschulte Ersthelfer werden beim Herz-Kreislauf-Stillstand eines Patienten über eine App alarmiert. Sie sind oft schneller am Einsatzort als der Rettungsdienst und retten Leben: Der Verein „Region der Lebensretter“ ist mit diesem innovativen Rettungskonzept mit dem dritten Preis des Springer Charity Awards geehrt worden.
Veröffentlicht:Aufregung in der Rush-Hour: Mitten auf dem Zebrastreifen erleidet ein Patient einen Herz-Kreislauf-Stillstand. Bis der Rettungswagen da ist, kann es Minuten dauern – für eine Reanimation ist das häufig zu spät. Ein neues Projekt soll nun die Überlebenschancen von betroffenen Menschen steigern.
In einer Zeit, in der jede Sekunde zählt, hat sich die „Region der Lebensretter“ als Vorreiter in der Notfallversorgung etabliert. Dieses innovative Projekt, das bereits in 63 deutschen Landkreisen umgesetzt wird, wie der 1. Vorsitzende des Vereins, Professor Michael Müller, am Donnerstagabend bei der Springer Medizin Gala berichtete, revolutioniert die Art und Weise, wie Ersthilfe bei Patienten mit einem Herz-Kreislauf-Stillstand geleistet wird.
Die Idee ist ebenso simpel wie effektiv: Freiwillige und zugleich geschulte Ersthelfer werden über eine Smartphone-App alarmiert, wenn in ihrer Nähe ein medizinischer Notfall eintritt. Diese „Lebensretter“ können oft schneller am Einsatzort sein als der Rettungsdienst und somit wertvolle Zeit überbrücken.
Der Verein Region der Lebensretter e.V. hat seit 2018 ein App-basiertes System etabliert, mit dem Rettungsleitstellen registrierte Ersthelfende über Smartphone in der unmittelbaren Nähe des Notfalls orten und alarmieren können. Sie werden über die App alarmiert und gefragt, ob sie den Einsatz übernehmen und ob sie zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem Auto zum Einsatzort gelangen können.
Überlebenschance deutlich höher
Diese geschulten Retter, die in den ersten 3-5 Minuten nach einem Herz- Kreislauf-Stillstand eintreffen, können die Überlebenschance der Patienten verdoppeln bis vervierfachen. Durch das intelligente Zusammenspiel aller Komponenten des Systems „Region der Lebensretter“ könnten nach Angaben des Vereins jedes Jahr in Deutschland zusätzlich 10.000 Leben gerettet werden – viele davon ohne jede Beeinträchtigung.
Nicht jeder Bürger, der Interesse an diesem Projekt hat, darf als Helfer mitmachen. Es gibt einen Kriterienkatalog: Geeignet ist qualifiziertes Personal aus Hilfsorganisationen, Feuerwehren und Gesundheitsberufen, und nichts geht dabei ohne eine permanente spezielle Schulung.
Springer Medizin Gala 2024
Die Preisverleihung des Galenus-von-Pergamon-Preises und des Springer Medizin Charity Awards in Bildern: Impressionen der Springer Medizin Gala 2024.
Die „Region der Lebensretter“ trommelt für weitere Mitstreiter und klärt auf: Der Herz-Kreislauf-Stillstand ist mit mehr als 50.000 Fällen pro Jahr die dritthäufigste Todesursache in Deutschland. Bewusstlosigkeit, Atemstillstand und fehlender Puls treten plötzlich auf und führen zum Tod, obwohl oft Menschen, die helfen könnten, in der Nähe sind. Lediglich 10 Prozent der Betroffenen überleben. Neun von zehn Herz-Kreislauf-Stillständen enden in Deutschland tödlich. Jede Minute zählt. Wer nicht reanimiert wird, stirbt.
Immer mehr Regionen interessiert
„In Deutschland einen Herz-Kreislauf-Stillstand zu überleben – und das auch noch bei guter Gesundheit – ist leider reines Glück“, so Mitarbeiter des Vereins. Sie nennen auf ihrer Homepage weitere Fakten: Der Rettungsdienst braucht im Schnitt 8-15 Minuten, bis er beim Patienten ist.
Tatsächlich erreichen die Rettungskräfte allerdings nur in 20 Prozent der Fälle innerhalb von 8 Minuten nach Eingang des Notrufs den Patienten. Für ein (gutes) Überleben nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand ist das zu spät.
Trotz des Erfolgs steht das Projekt vor Herausforderungen. Die Rekrutierung und Schulung von Freiwilligen sowie die Finanzierung der technischen Infrastruktur erfordern kontinuierlichen Einsatz. Zugleich planen immer mehr Regionen, das System zu übernehmen, was Hoffnung auf eine flächendeckende Verbesserung der Notfallversorgung gibt. Aber Erlebnisse wie nach dem Projektstart am 1. September dieses Jahres in Tübingen, machen dem Verein Mut. „Da haben sich innerhalb von vier Wochen 1.000 Helfer in der App registriert“, sagte der Vereinsvorsitzende Michael Müller bei der Verleihung des CharityAwards am Donnerstagabend in Berlin.
Aber was bringt das Hilfesystem tatsächlich? Das will der Verein Region der Lebensretter e.V genau wissen. Er hat eine Studie auf den Weg gebracht, mit der der Einfluss des Ersthelfersystems auf die Überlebensrate nach außerklinischem Herz-Kreislauf-Stillstand untersucht werden soll. (eb)