Kampf gegen Pandemien

Bundeskabinett verabschiedet „Strategie zur globalen Gesundheit“

Infektionskrankheiten wie Ebola oder Corona machen vor Grenzen nicht halt. Auch die Folgen des Klimawandels sind global zu spüren. Umso wichtiger ist der internationale Kampf dagegen, heißt es in einem vom Bundeskabinett verabschiedeten Strategiepapier.

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht: | aktualisiert:
Gesundheitsfachkräfte in Beni im Kongo überprüfen mit Schutzausrüstung einen Patienten, der in einem Ebola-Behandlungszentrum isoliert ist. Der Kampf gegen Tropenkrankheiten ist ein Element im neuen Strategiepapier der Bundesregierung.

Gesundheitsfachkräfte in Beni im Kongo überprüfen mit Schutzausrüstung einen Patienten, der in einem Ebola-Behandlungszentrum isoliert ist. Der Kampf gegen Tropenkrankheiten ist ein Element im neuen Strategiepapier der Bundesregierung.

© Jerome Delay/dpa

Berlin. Im Kampf gegen Gesundheitsrisiken wie das Coronavirus oder den Klimawandel will die Bundesregierung verstärkt auf internationale Allianzen setzen. Das Kabinett verabschiedete dazu am Mittwoch eine „Strategie zur globalen Gesundheit“.

Unter dem Titel „Verantwortung – Innovation – Partnerschaft: Globale Gesundheit gemeinsam gestalten“ wird auf knapp 40 Seiten ein Leitbild für die Zeit bis 2030 formuliert. Als Ziele hat sich die Bundesregierung unter anderem auf die Fahnen geschrieben:

  • Minderung der gesundheitlichen Folgen des Klimawandels;
  • Besserer Schutz vor Epidemien und Pandemien wie etwa COVID-19;
  • Ein „diskriminierungsfreier Zugang“ zur Gesundheitsversorgung;
  • Stärkere Erforschung neuer Impfstoffe sowie Förderung von Impfprogrammen auf nationaler wie internationaler Ebene;
  • Intensivierung des Kampfs gegen Tropenkrankheiten wie das Ebola-Virus, das seit 2014 Teile Westafrikas in Atem hält.

Fokus auf Antibiotikaresistenzen

Auch Antibiotikaresistenzen sollen dem Strategiepapier zufolge stärker erforscht und bekämpft werden. Resistenzen stellten eine Bedrohung für die globale Gesundheit dar, heißt es darin. „Sie bergen das Potenzial, weitreichende negative Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit sowie auf das Wachstum und die globale wirtschaftliche Stabilität zu haben.“

Deutschland hatte das Thema Antibiotikaresistenzen bereits während seiner G7- und G20-Präsidentschaft auf die internationale Agenda gesetzt. Sämtliche Ziele des Strategiepapiers sollen 2025 einer Evaluation unterzogen werden.

„Neben nationalen Strategien brauchen wir eine verstärkte internationale Zusammenarbeit in der Gesundheitspolitik“, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nach Verabschiedung des Strategiepapiers am Mittwoch in Berlin.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar:

Die COVID-19-Pandemie zeige, wie wichtig globale Zusammenarbeit sei. Gesundheitsgefahren wie Corona machten im 21. Jahrhundert nicht an Grenzen halt, betonte Spahn. „Deshalb wollen wir den Gesundheitsschutz globaler denken.“

WHO handlungsfähiger machen

Zu diesem Zweck müsse die Weltgesundheitsorganisation (WHO) reformiert und handlungsfähiger gemacht werden, sagte Spahn. „Wir brauchen eine WHO, die Gesundheitsgefahren global vorbeugen und Notfall schnell handeln kann.“

Die WHO war zuletzt von mehreren Seiten massiv unter Beschuss geraten. Kritisiert wird unter anderem, die in Genf ansässige Organisation mache sich zu abhängig von privaten Geldgebern. US-Präsident Donald Trump hatte die WHO zudem als „Marionette“ Chinas gebrandmarkt und den Rückzug der Vereinigten Staaten erklärt.

Offen für Reformen

Die WHO selber zeigt sich offen für Reformen. Seine Organisation wolle schneller und agiler werden, hatte Generaldirektor Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus zuletzt betont.

Im Strategiepapier der Bundesregierung heißt es, eine globale Gesundheitsarchitektur bedürfe einer leitenden und koordinierenden Rolle der WHO. Deutschland wolle sich für den Auf- und Ausbau des Ausbruchs- und Nothilfeprogramms der Organisation einsetzen.

Wesentlich dafür sei, dass der WHO angemessene Finanzmittel erhalte. Die WHO-Beiträge der Mitgliedsstaaten müssten daher substanziell erhöht werden.

FDP: Tropfen auf den heißen Stein

Oppositionspolitiker kritisierten das Strategiepapier der Koalition als halbherzig. „Ohne klaren Zeitrahmen und Überprüfungsmechanismen ist die neue Strategie der Bundesregierung nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagte der FDP-Obmann im Bundestags-Gesundheitsausschuss, Professor Andrew Ullmann, am Mittwoch.

Die Ankündigung der Koalition, die im Strategiepapier genannten Ziele 2025 überprüfen zu wollen, sei „zwar erfreulich. „Es fehlt aber die Konkretisierung“, so Ullmann.

Nur durch einen echten Umsetzungsplan, der mehr als die Sammlung von Zielen sein müsse, lasse sich den globalen Gesundheitsherausforderungen gerecht werden, betonte Ullmann. Der FDP-Politiker regte an, im Kanzleramt eine strategische Koordinierungsstelle für globale Gesundheit einzurichten. Ein Jour Fixe und eine vierteljährlich tagende Koordinierungsrunde reichten nicht aus.

Zudem solle der Unterausschuss „Globale Gesundheit“ des Bundestags mit einer Folgeabschätzung beauftragt werden. Damit werde auch die Rolle des Parlaments als Kontrollinstanz gestärkt.

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 11.10.202009:18 Uhr

Im Kampf gegen Pandemien verabschiedet das Bundeskabinett eine 'Strategie zur globalen Gesundheit' mit dem Titel 'Verantwortung – Innovation – Partnerschaft: Globale Gesundheit gemeinsam gestalten'

„Anycountry“ war vor 3 Jahren ein Szenario, das sich die Gesundheitsminister der G-20-Staaten mit WHO und Weltbank 2017 ausgedacht haben. Ländergrenzen überschreitendes Krisen-Management, Meldewege, internationaler Hilfen und Stärkung der WHO waren die einvernehmlichen Ziele.

"Together Today für Healthy Tomorrow“ – war ein semantisch-sprachlich gequältes, "denglisches" Motto für Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und ihre Fachminister. Schlussendlich gab es eine langatmige „Berliner Erklärung“ 2017, um von fehlenden konkreten Inhalten abzulenken. Beim G-20-Gipfelchaos in Hamburg ging das dann medial unter. Die aktuelle Situation unter dem Eindruck der Corona-Pandemie macht es nicht besser.

Über 1 Million Ärztinnen und Ärzte, allein in der EU aktiv, sind weltweit Experten für Anamnese, Untersuchung, Beratung und ca. 40.000 Krankheitsentitäten bzw. deren Differenzialdiagnosen und Therapien. In mühsamer Forschung und Entwicklung von Maßnahmen und Mitteln, die gegen Krankheiten betrieben werden, gerieren sich Medizin- und Versorgungs-ferne Politiker, Meinungs- und Entscheidungsbildner lieber als "Gesundbeter"?

Das "schmutzige" Wort "Krankheit" will niemand in die Hand, geschweige denn in den Mund nehmen. Alle verleugnen damit die deutliche Zunahme von chronisch Kranken, die dank großer Fortschritte der Medizin und ihrer Bewältigungsstrategien ein angemessenes Leben trotz bio-psycho-sozialer Einschränkungen und Dauermedikation führen können. Diese werden zugleich durch selbsternannte "Health-Literacy"[Gesundheitskunde]-Experten aus Soziologie, Ökonomie, Psychologie, Pädagogik, Medien- und Politikwissenschaften ausgegrenzt und als "chronisch ungesund" an die Wand gedrückt.

Die WHO-Gesundheits-Definition ist nur noch peinlich anachronistisch, ebenso wie die wissenschaftsfremdelnde Politik.

Mf+kG, Dr.med.Thomas Schätzler

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