Bundestagswahl 2021
So sehen die Grünen die Gesundheitsversorgung der Zukunft
Kernthemen im Wahlkampf 2021 sind für die Grünen Klimaschutz und sozialer Ausgleich. Das hat auch Auswirkungen aufs Gesundheitswesen. So werben die Grünen für Gesundheitsregionen und die Bürgerversicherung.
Veröffentlicht:Berlin. Ein digitales Update für die Gesundheitsämter und ein fairer Zugang zu Gesundheitsversorgung und Prävention: Die Grünen haben mit deutlicher Mehrheit ihr Programm für die Bundestagswahl verabschiedet. Die Delegierten votierten am Sonntag mit 696 von 710 abgegebenen Stimmen (98 Prozent) für ihr Wahlprogramm mit einem Fokus auf Klimaschutz und sozialem Ausgleich. Das beinhaltet auch eine Bürgerversicherung.
Zuvor hatten die etwa 800 Delegierten mehr als 3000 Änderungsanträge zum Programmentwurf des Bundesvorstands eingereicht. Diskussionen und Abstimmungen gab es etwa über einen noch höheren CO2-Preis und die Erhöhung der Hartz-IV-Sätze. Insgesamt konnten sich die vom Bundesvorstand vorgeschlagenen Kompromisslösungen mehrheitlich behaupten.
Klinikfinanzierung neu denken
In der Gesundheitsversorgung wollen die Grünen vor allem folgende Dinge angehen:
- Um die Versorgung in Stadt und Land zu stärken, sollen ambulante und stationäre Angebote künftig übergreifend geplant werden. Dabei sollen Gesundheitsregionen, also Verbünde von lokalen Netzen von Ärzten, Apotheken, Therapeuten, Krankenhäusern oder Pflegediensten, stärker gefördert werden. Perspektivisch will die Partei eine gemeinsame Abrechnungssystematik für ambulante und stationäre Leistungen schaffen. Es soll zudem mehr Kooperation zwischen den Gesundheitsberufen geben.
- Kliniken sollen in Zukunft nicht mehr nur nach Fallzahl, sondern auch nach ihrem gesellschaftlichen Auftrag finanziert werden. „Wir werden eine Säule der Strukturfinanzierung einführen und den verbleibenden fallzahlabhängigen Vergütungsteil reformieren“, heißt es. Dabei sollen Bund und Länder die Investitionskosten künftig gemeinsam tragen. Zudem sollen Krankenhäuser, die durch fehlende Auslastung Qualitätsvorgaben in einigen Bereichen nicht erfüllen können, nicht einfach vom Netz genommen werden, sondern zu „leistungsfähigen lokalen Notfall-, Gesundheits- und Pflegezentren weiterentwickelt werden“.
- In der Notfallreform setzen die Grünen auch auf die Hausärzte: Notaufnahmen sollen „gerade nachts und am Wochenende beispielsweise durch kompetente Hausärztinnen und Hausärzte so unterstützt werden, dass auch weniger ernste Fälle gut versorgt werden können“.
- Die Digitalisierung soll vorangetrieben werden. Als Lehre aus der Pandemie sollen vor allem die Gesundheitsämter digitaler aufgestellt werden.
- Um für künftige Pandemien besser gewappnet zu sein, wollen die Grünen im Infektionsschutzgesetz Stufen zur Eindämmung von Pandemien definieren, Pandemieschutzpläne aktualisieren und einen unabhängigen, interdisziplinären Pandemierat einrichten. Außerdem schwebt der Partei ein europäisches Frühwarnsystem vor.
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- Die Grünen haben die SPD-Idee einer Bürgerversicherung adaptiert. „Unser Ziel ist eine solidarisch finanzierte Bürgerversicherung, in der jede*r unabhängig vom Einkommen die Versorgung bekommt, die er oder sie braucht“, heißt es. Neben den Gehältern sollen bei den Beiträgen auch Kapitaleinkünfte einbezogen werden.
- Die Pflege soll ambulanter werden, damit ältere Menschen länger am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Die Grünen wollen daher die rechtlichen Rahmenbedingungen für Quartierspflege schaffen, die Bedarfsplanung soll bei den Kommunen liegen. Die Anschubfinanzierung dafür soll über ein Bundesprogramm sichergestellt werden.
- Prävention, Gesundheitsförderung und gesundheitliche Versorgung wollen die Grünen als Querschnittsaufgabe in allen Politikbereichen verfolgen.
- Um besser gegen klimawandelbedingte Hitzewellen gewappnet zu sein, soll ein Sonderfonds zur Umsetzung von Hitzeaktionsplänen etabliert werden
Die finale Fassung des Parteiprogramms lag am Sonntagnachmittag allerdings noch nicht vor.
Die Partei hatte am Samstag zudem Annalena Baerbock mit überwältigender Mehrheit als Kanzlerkandidatin bestätigt. Zugleich bekräftigten 678 von 688 Online-Delegierten die Rolle der beiden Parteichefs Baerbock und Robert Habeck als Wahlkampf-Spitzenduo – das entspricht 98,55 Prozent der abgegebenen Stimmen. (dpa/reh)