Zusatzversicherung
Vollkasko in der Pflege zu bezahlbarem Preis
Die Ratingagentur Assekurata bestätigt einmal mehr, was Versicherungsprofis schon lange wissen: Die Nachfrage nach privaten Pflegezusatzpolicen ist zu Unrecht eher schwach.
Veröffentlicht:Köln. Es ist kein Geheimnis, dass die Pflegeversicherung – egal ob gesetzlich oder privat – nur einen Teil der Kosten deckt, die bei Pflegebedürftigkeit anfallen. Dennoch fristen private Pflegezusatzpolicen nach wie vor ein Schattendasein. Das muss nicht sein, findet die auf Versicherungen spezialisierte Kölner Ratingagentur Assekurata.
Sie hat im Auftrag des PKV-Verbands eine Marktanalyse erstellt: „Absicherung im Pflegefall – Mit der Pflegezusatzversicherung von der Teil- zur Vollkasko“. „Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass die PKV-Unternehmen individuell bedarfsgerechte Pflegetagegeld- und Pflegekostenversicherungen anbieten, mit denen eine ‚Vollkaskoabsicherung‘ für den Pflegefall zu bezahlbaren Preisen möglich ist“, resümiert Gerhard Reichl, Fachkoordinator Krankenversicherung bei Assekurata.
Der Absatz von Pflegezusatzversicherungen ist zwar in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen, bleibt aber auf einem niedrigen Niveau.
3,7 Millionen Verträge
Nach Angaben des PKV-Verbands hatten die Versicherer Ende 2018 knapp 3,7 Millionen Verträge im Bestand – gerade einmal 4,5 Prozent der rund 82 Millionen Pflegepflichtversicherten wurden also durch eine solche Police ergänzt. Ein Grund für die Zurückhaltung könnte sein, dass viele Menschen das Thema Pflegebedürftigkeit verdrängen oder hoffen, selbst nicht betroffen zu sein.
Nach Befragungen des Allensbach-Instituts, auf die sich auch Reichl in seiner Analyse bezieht, überschätzen zudem viele Menschen den Preis einer privaten Zusatzpolice. Eine Umfrage vom Sommer 2019 hatte gezeigt, wie groß die Unsicherheit über die Kosten für private Vorsorge sind (wir berichteten). Diejenigen, die sich überhaupt ein Urteil zutrauten, bezifferten die monatlichen Ausgaben für eine Zusatzversicherung im Schnitt mit 161 Euro, die eigene Leistungsfähigkeit dagegen mit 77 Euro.
Nach Beispielrechnungen für die Analyse würden die 161 Euro erst ab einem Eintrittsalter von rund 65 Jahren fällig. „Bei früherem Versicherungsbeginn, beispielsweise mit 25, liegen die Tarifbeiträge mit einer Spannbreite von 20 Euro bis 63 Euro deutlich unter den vermuteten Kosten“, so Reichl.
Er verweist darauf, dass die individuelle Pflegelücke davon abhängt, wo jemand wohnt, da die Pflegekosten von Bundesland zu Bundesland stark variieren. Eine große Rolle spiele auch die Frage, welche eigenen finanziellen Mittel im Pflegefall zur Verfügung stehen. „Daher ist eine genaue Bedarfsermittlung vor Vertragsabschluss sehr wichtig.“
Es gibt drei Arten von Pflegezusatzpolicen: Pflegekostentarife, Pflegetagegeldversicherungen und die geförderten Policen, den sogenannten „Pflege-Bahr“. Nach Einschätzung Reichls sind die Pflegetagegeldversicherungen die vorteilhafteste, weil flexibelste Lösung. In der Kranken- und Pflegeversicherung ist die Beitragshöhe immer nur eine Momentaufnahme, betont der Assekurata-Experte. Auch bei Pflegezusatzpolicen sei mit Beitragserhöhungen zu rechnen.
Nicht verunsichern lassen
Dabei spielten politisch induzierte Leistungsausweitungen und die Belastung der Versicherer durch niedrige Zinsen eine wichtige Rolle. „Verbraucher sollten sich aber von Beitragsanpassungen nicht verunsichern lassen und die bestehende Pflegetagegeldversicherung nicht vorschnell kündigen oder den Anbieter wechseln.“ So gingen bei einem Unternehmenswechsel die bereits angesparten Alterungsrückstellungen verloren. Wem die Beitragsbelastung zu hoch wird, der sollte laut Reichl besser den Versicherungsschutz reduzieren.
„Aufgrund der hohen Zinsabhängigkeit des Beitrags sollten bei der Suche nach der passenden Pflegezusatzversicherung auch die Qualität des Anbieters, hier speziell der Kapitalanlageerfolg, und die Aktualität der Rechnungsgrundlagen kritisch beleuchtet werden“, empfiehlt Assekurata-Chef Dr. Reiner Will.